7. Oktober 2016 - Kommentare deaktiviert für Die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie Fluch oder Segen?

kanzlei_ley_mood5Die Kreditgeber sind aufgrund der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ab März 2016 dazu verpflichtet zu prüfen, ob der Kreditnehmer seinen Kredit zurückzahlen kann. Bisher musste der Kreditgeber nur die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers bewerten. Die Kreditwürdigkeitsprüfung soll insbesondere dem Verbraucherschutz (Vermeidung der Überschuldung / Zahlungsunfähigkeit von Verbrauchern) dienen und nicht dem Schutz der Kreditinstitute vor Zahlungsausfällen. Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung werden die persönliche und die objektbezogene Bonität geprüft. Beide Prüfungen müssen positiv ausfallen. Hierbei ist zu beachten, dass die Bonitätsprüfung nicht nur auf der Grundlage von erheblichen Wertsteigerungen positiv ausfallen darf.  Durch gesetzlich vorgegebene Informations- und Erläuterungsverpflichtungen soll bereits vor dem Vertragsabschluss eine EU-weite Harmonisierung erfolgen. Ziel ist u.a. die Vermeidung einer Immobilienblase, wie sie in Spanien und England entstand. Die leichtfertige Vergabe von unseriösen Verbraucherkrediten an Schuldner soll somit verhindert werden. Erste Folge ist, dass im 1. Halbjahr 2016 weniger Baudarlehen vergeben wurden.

Fraglich ist jedoch, ob der Verbraucherschutz mit der Richtlinie erhöht wird.
In Deutschland werden Immobilien traditionell eher konservativ finanziert, d.h. mit einem Eigenkapitalanteil von über 20% im Schnitt. Ferner binden sich deutsche Kreditnehmer oft über Jahrzehnte und sind so gegen überraschend  steigende Zinsen abgesichert.

Die Kritik richtet sich an den deutschen Gesetzgeber, der die Richtlinie streng ausgedehnt hat. Mit der Folge, selbst wenn der Kreditvertrag zum Bau oder zur Renovierung der belasteten Immobilie verwendet wird, eine rigide Bonitätsprüfung erfolgen soll. Anders als in Österreich, wo die in der EU-Richtlinie vorgesehene Ausnahme von der Kreditwürdigkeitsprüfung in das nationale Gesetz übernommen wurde. Die politische Zielvorgabe, selbst genutztes Wohneigentum zu fördern und die energetische Gebäudesanierung voranzutreiben, wird somit konterkariert.

Ferner besteht bei den Kreditgebern Unsicherheit, wie bei einer Anschlussfinanzierung oder Stundung auf Wunsch des Kunden vorzugehen ist. Hier kann eine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung dazu führen, dass keine Anschlussfinanzierung angeboten werden kann oder dass eine Stundung zu verweigern ist. Dies kann bei Selbständigen der Fall sein, deren Einkommen in der Regel Schwankungen unterliegt und die Kreditinstitute deshalb Risikoaufschläge einkalkulieren. Auch niedrige Tilgungszahlungen bei der Erstfinanzierung können zu einer hohen Restschuld führen, die aufgrund des fortgeschrittenen Alters keine positiven Prognose für die Anschlussfinanzierung begründet. Ferner können familiäre Veränderungen (Krankheiten, Berufsunfähigkeit) dazu führen, dass die Prognose für die Anschlussfinanzierung negativ ausfällt. Bei einer bestehenden Rückzahlungsverpflichtung kann dies zu einem zwangsweisen Verkauf der als Altersvorsorge gedachten Immobilie führen.

Fraglich ist, ob der deutsche Gesetzgeber mit der gut gemeinten (strengen) Umsetzung der EU-Richtlinie im Sinne der Verbraucher wirklich verbraucherfreundlich gehandelt hat oder ob ein nachjustieren des Gesetzgebens notwendig wird.

 

Veröffentlicht von: Ralph Ley in Immobilien

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